Reifezeugnis

"Aged Cigars" - eine vollmundige Entdeckungsreise
Text: Thomas Thelen

Was könnte es Schöneres geben, als eine gute Zigarre mit Bedacht und allen Sinnen zu genießen? Eine bessere Zigarre!

Alter ist nicht das entscheidende Qualitätsmerkmal
Wer allerdings dem Irrglauben anhängt, dass allein durch lange Humidorlagerung aus einer mittelmäßigen eine gute Zigarre werden würde, der ist auf dem Holzweg. Wie bei allen guten Genuss- und Lebensmitteln muss zuerst die Ausgangsbasis herausragend sein, um dann eine Veredelung des Produkts zu erzielen. Terroir, beste Rohstoffe, sorgfältige Manufakturverfahren und über Generationen bewahrtes Fachwissen in Produktion und Ausbau sind die Voraussetzungen für Spitzenprodukte – das ist bei Zigarren nicht anders als bei Champagner oder Single Malt Whisky.

„Milde Zigarren haben ein geringeres Reifepotenzial als kräftigere Zigarren. Das sagt einem schon der gesunde Menschenverstand, und viele Versuche und Erfahrungswerte belegen das“, so Marc André, der deutsche „Humidor-Papst“, zur Frage, welche Zigarren für längere Reifeprozesse geeignet seien: „Eine dominikanische Casa Blanca Corona hat nach drei Jahren Lagerzeit ihren Zenit überschritten, eine Partagas Serie D Nr. 4 zeigt nach dieser Lagerungszeit gerade erst ihr Potenzial auf!“

Auf der Welt gibt es nur wenige Dinge, von denen man mit Fug und Recht sagen kann, dass sie zum Besten in ihrer Art zählen. Die Havanna-Zigarre – oder Habano – gehört zweifellos dazu. Der wichtigste Grund dafür liegt in der einzigartigen Qualität der Tabake und ihrer reichhaltigen Aromen. Und in der besonderen Kultur des Tabakanbaus auf Kuba, den über Jahrhunderte gepflegten Kenntnissen und der außergewöhnlichen Hingabe und Sorgfalt, mit der die Tabakpflanzer (Vegueros) und die Zigarrenroller (Torcedores) ihr Handwerk seit Generationen ausüben.

Reifung dauert bis zu 25 Jahren
Während der bis zu zwei Jahre dauernden „sick period“ werde vor allem Ammoniak abgebaut. In der anschließenden „ersten Reifung“ (zwei bis 15 Jahre) finde eine Fermentation statt. Die „zweite Reifung“ diene dem Tanninabbau. Währenddessen
könnten die Abbauprodukte mit den in der Fermentation entstandenen Aromen reagieren (bis zu 25 Jahre). In der dritten Reifung fänden im Anschluss umfassende chemische Reaktionen statt. Doch das ist für die meisten Aficionados etwas zu esoterisch – und vor allem angesichts der langen Zeiträume eher ein vererbbares Genusspotenzial für die nächste Generation.

Gereifte Zigarren nicht mit "historischen Zigarren" verwechseln
„Aged Cigars“ sollten keinesfalls verwechselt werden mit „historischen Zigarren“, die ihren besonderen Wert als Zeitdokument entwickeln, während sie zum Rauchen zumeist sowohl zu wertvoll als auch zu lange klimatisch ungenügend gelagert waren. Diese seltenen Stücke gehören in eine adäquate Sammlung.

Die meisten dominikanischen Zigarren entwickeln sich durch Langzeitlagerung nicht unbedingt zum Positiven weiter, doch es gibt ein paar Ausnahmen. Zigarren aus Nicaragua und Honduras können, wenn sie entsprechende Würze mitbringen, durchaus über die Jahre an Qualität gewinnen, wenngleich der Effekt nicht so markant ist wie bei kubanischen Zigarren.

Genussvolle, runde Kostbarkeiten dank optimaler Bedingungen
Konsequent lassen daher die Experten von Zigarren Herzog in Berlin, dem wohl bestsortierten Anbieter professionell gereifter Zigarren in Deutschland, ausschließlich ausgesuchte kubanische Zigarren altern, die so in einigen Jahren zu genussvollen, runden Kostbarkeiten heranreifen können. Hier lagern unter fast schon liebevoller Aufsicht hunderte Kisten unterschiedlicher Havanna-Formate unter optimalen Bedingungen im klimatisierten Reiferaum und im gesonderten Zolllager.

Jeder Schritt ist dokumentiert - von der Herstellung bis zur Einlagerung
Jede Kiste wird einzeln erfasst, jede einzelne Zigarre betrachtet, die Qualitätssiegel überprüft und vor allem der „Box Code“ auf der Unterseite decodiert und gespeichert. Dort ist verzeichnet, in welcher kubanischen Manufaktur die Zigarren hergestellt und wann genau die Zigarren in ihre Kiste gepackt wurden. Während der Code für die Fabrik geheim ist, sind die Datumsangaben leicht zu entschlüsseln. Zusätzlich erhält jede eingehende Kiste bei Zigarren Herzog einen eigenen Stempel, der dokumentiert, wann sie dort eingelagert worden ist.

So kann man auch im Online-Shop genau sehen, wann und in welcher Fabrikation die Zigarren hergestellt worden sind. Und man erfährt u.a., dass die zehn aktuell angebotenen Kisten Montecristo Churchill Añejados Julieta No. 2 in den Jahren 2006 oder 2008 erstaunlicherweise in sechs verschiedenen Manufakturen entstanden sind.

Trend zur gereiften Zigarre - Kuba bietet drei limitierte Zigarrenformate an
Apropos „Añejados“: Damit folgt Kuba dem Trend zu gereiften Zigarren und bietet seit
2015 erstmals drei limitierte Zigarrenformate an, die bereits auf der Insel eine mindestens fünfjährige professionelle Reifezeit durchlaufen konnten – die erwähnte Montecristo Churchill Añejados Julieta No. 2, die Hoyo de Monterrey Hermosos No. 4 Añejados und die Romeo y Julieta Pirámide.

Der unstrittig wichtigste Effekt der Reifelagerung besteht darin, dass die als „kranke Periode“ bezeichnete „Jugend“ der Zigarre vorübergehen kann – eine Phase, die auch vom Wein bekannt ist, den viele Winzer nach der Flaschenabfüllung noch eine ganze Zeit lang als „füllkrank“ bezeichnen.

Die Experten von Zigarren Herzog veröffentlichen seit 2010 jährlich aktualisiert das Handbuch „Der kleine Herzog“, das durch die Welt kubanischer Zigarren führt. Mit Hilfe des handlichen Führers kann der Aficionados durch das Geschmacksuniversum der Havannas navigieren und wundervolle Jahrgänge gezielt entdecken.

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